Spiralbohrer von Hand schleifen
thomas r. h. binder |
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Redaktionsdatum: 07. 02. 2016 Achtung! veraltete Version!
Textbearbeitung mit Emacs und Auctex, Textsatz durch LATEX,
Revisionskontrolle mit Mercurial und TortoiseHG
Standard-Spiralbohrer mit 118° Spitzenwinkel können von Hand zuverlässig an einer Schleifscheibe geschliffen werden. Dieser Prozess kann mit einer einfachen Schleifwinkellehre, mit dem Auge und durch eine Probebohrung kontrolliert werden.
Diese Anleitung beschreibt die Geometrie der Bohrer, das Einrichten der Schleifscheiben, den Vorgang und die Kontrolle des Schleifens, beschreibt typische Fehler und ihre Ursachen und enthält Hinweise auf im Internet verfügbare Informationen.
Nach recht kurzem Training kann auch ein Amateur-Handwerker seine Spiralbohrer mit wenig Zeitaufwand so gut schleifen, dass er nicht dauernd neue Bohrer kaufen muss. Für richtig schön schneidende Bohrer muss man aber doch geduldig üben und viele Dinge beachten. Einfache Bohrer-Schleifmaschinen und Bohrhilfen verbessern die Ergebnisse nicht.
Der finanzielle Aufwand ist gering. Wer einen Doppelschleifbock besitzt (ca. 80 €), braucht nur noch eine Schleifwinkellehre (ca. 3 €) und eine Lupe (ca. 5 – 10 €).
Schleifen in Kurzfassung
Diese Anleitung ist nicht für professionelle Anwender gedacht, bei denen exakte Bohrungen erforderlich sind, sondern eigentlich erst einmal für mich selbst, einen engagierten Amateur-Handwerker, der ungern mit halb tauglichen Werkzeugen arbeitet, und für gleich Gesonnene. Professionelle Anwender arbeiten zumeist mit maschinell exakt geschliffenen Bohrern.
Ich behandle hier nur die üblichen HSS-Spiralbohrer im Standard- Spitzen-Winkel von 118°.
Nach einigem Üben erreiche ich mittlerweile gut und einigermaßen sauber schneidende Bohrer, die runde Löcher mit etwa korrektem Durchmesser produzieren. Je dünner die Bohrer, desto weniger befriedigt das Ergebnis; bei Bohrern unter 4 mm Durchmesser brauche ich zumeist mehrere Anläufe, bis ich ein ausreichendes Ergebnis erreiche.
Ich schleife „frei Hand“ an einem preiswerten Doppelschleifbock (unter 100 €), die Schleifscheiben sind mit einem Einzeldiamanten von Unwucht befreit und mit einem flächenhaften Diamantabrichter (ca. 10 €) geebnet, zur Kontrolle benutze ich eine Bohrer-Schleiflehre (ca 3 €) und eine Handlupe 3-fach (es reicht ein preiswertes Modell!) bzw. eine Lupenbrille 2,5-fach (auf meine Gleitsichtbrille per Clip aufgesteckt, ca. 55 €); den erwünschten Schleifwinkel erreiche durch Markierungen auf der Handauflage recht zuverlässig.
Der größte Teil dieser Anleitung ist auch auf das Schleifen an einem Bandschleifer und an der Seite einer rotierenden Schleifscheibe anwendbar. An solchen Schleifmaschinen ändert sich allerdings das Schliffbild auf der Freifläche hinter der Schneide, wenn man die gleichen Schleifbewegungen ausführt. Und der Freiwinkel wird durch Neigung des Bohrers gegenüber der Fläche des Bandes bzw. der Scheibe erreicht.
Dieser Text ist immer noch vorläufig. Ich bin noch dabei, meine aktuelle Schleifpraxis und den Text gegeneinander abzugleichen; aber mit ausreichender Vorsicht könnte der Text anderen Personen helfen, die ihre Werkzeuge lieber reparieren, anstatt sich für wenige Euros einfach etwas neues kaufen.
Ich habe den Text auf meiner persönlichen Webseite zur Verfügung gestellt, damit er leichter erreichbar ist; vielleicht wird er in absehbarer Zeit auch von den Suchmaschinen gefunden und es melden sich dann auch einige kritische Leser, die mir helfen, diese Anleitung zu verbessern.
Wissen Sie, was Bohrer-Schleifen mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu tun hat? Ich weiß es. Und Sie auch, selbst wenn Sie kurz nachdenken müssten. Aber Sie müssen nicht nachdenken, sonst würden Sie diesen Text wohl nicht lesen.
Diese Anleitung habe ich geschrieben, weil die im Internet verfügbaren Informationen nicht alle meine Fragen behandelt haben, sodass ich damit nicht zu befriedigenden Ergebnissen kam. Alterfahrene Handwerker können für ihre eigenen Belange perfekt geeignete Bohrer von Hand schleifen, wissen aber teilweise selbst nicht genau, warum sie so gut schleifen, und konnten mir deshalb nicht so recht auf die Sprünge helfen. Nach großen Lehrbüchern habe ich nicht gesucht, habe aber wohl einige Kapitel aus Lehrbüchern, die ich im Internet gefunden habe, durchgelesen. Ich hoffe, dass ich nicht zu viele Fehler in diese Anleitung eingebaut habe, aber ich glaube weitgehend alles beschrieben zu haben, was mich zu meinen aktuell schön arbeitenden Bohrern geführt hat. Wer Fehler findet, sie mir aber nicht mitteilt, ist unhöflich oder nicht wie ich ein Mensch, der gefundene Lösungen sehr gerne anderen „Kollegen“ zu Verfügung stellt.
Ich habe in mein Dokument ein Kapitel Zwischenbilanz … eingefügt, das meine bisherigen Bemühungen bewertet und den wahrscheinlich schwierigsten Aspekt heraushebt; bitte in Abschnitt 3.7 auf Seite § nachlesen.
Ich warne vor im Internet publizierten Videos (z. B. bei Youtube); fast alle sind unzureichend, sehr viele falsch oder irreführend, helfen also nicht wirklich weiter. Aber ich habe bei langer Suche einige sehr gute Videos gefunden, die zwar nicht alles genau beschreiben, einige Aspekte aber in sehr schöner Qualität. Die amerikanischen Seiten sind meist viel besser als die deutschen, leider.
In Abschnitt 3.10 auf Seite §1 habe ich die beiden für mich besten Autoren von Videos bzw. deren Internetseiten aufgelistet. Dort sind auch mehrere Links zu umfangreichen Dokumenten über verschiedene Bohrer-Geometrien aufgeführt.
Es gibt sehr unterschiedliche Ansichten darüber, wie man den Bohrer an der Schleifscheibe halten und führen soll. Die Vorteile teils sehr komplexer Bewegungen habe ich nicht nachvollziehen können. Ich bevorzuge die einfache Bewegung wie in den erwähnten Videos gezeigt: Bohrer im richtigen Winkel hinhalten, leicht andrücken und dann die Spitze anheben, nicht drehen oder Schwenken. So macht es auch meine lokale Referenz: ein älterer Feinmechaniker mit lebenslanger Berufserfahrung.
Da ich jetzt brauchbare Schleif-Ergebnisse erreiche, habe ich mich nicht mit den diversen einfachen Schleifhilfen beschäftigt, die für Amateure angeboten werden. Anscheinend sind sie hinausgeworfenes Geld. Und Bohrerschleifmaschinen, die zuverlässig und dem Handschliff überlegen sind, kosten jenseits von 500 €.
Es gibt sehr unterschiedliche Bohrer-Geometrien, hier beziehe ich mich auf den geläufigsten Typ eines Spiralbohrers mit Standard-Spitzenwinkel von 118°, bzw. Schneidenwinkel von 59°, mit Drallwinkel von 30°, mit mittlerer Stegdicke, mit Querschneide im Winkel von ca. 55°1 , mit einem Freiwinkel von ca. 10° und mit Kegel-förmigem durchgehendem Hinterschliff, ohne Ausspitzung des Stegs2 . Mit solchen Bohrern kann man Eisen bohren, nicht-Eisen-Metalle, Kunststoffe und Holz. Natürlich benutzt man für den professionellen Einsatz unterschiedliche Schneidenwinkel und Freiwinkel und weitere Variationen der Geometrie für das jeweilige zu bohrende Material. Aber ein Amateur wie ich kommt zumeist mit dem üblichen Spiralbohrer aus. Allerdings benutze ich für Holz zumeist reine Holzbohrer in unterschiedlichen Ausführungen. Informationsmaterial zu Bohrer-Typen siehe Abschnitt 3.10 auf Seite §.
In Tabelle 3.1 auf Seite § habe ich Angaben von http://www.mmsonline.com dargestellt. Nach Meinung des Autors ist die Winkelmessung des Freiwinkels nicht zuverlässig, man kann ihn aber anscheinend aus dem Querschneidenwinkel abschätzen.
Das halte ich für schwierig; wenn man nämlich die Bohrerschneide nicht exakt parallel zu Motorachse anlegt, schleift man eine ganz andere Querschneide (Länge, Winkel).
Wenn man den Freiwinkel so wie in Abb. 3.1 auf der vorherigen Seite beschrieben misst, bestimmt man laut mmsonline.com einen viel kleineren Freiwinkel als tatsächlich vorhanden; das kann ich bei meinen bisherigen Messungen nicht bestätigen.
Hinsichtlich des Freiwinkels vgl. auch den Abschnit 3.5 auf Seite §.
Angaben aus www.mmsonline.com
| |
Querschneidenwinkel | Freiwinkel |
0 | 0 |
30 | 5 |
40 | mittel |
50 | 11 (hoch) |
55 | extra hoch |
Sicherheitsmaßnahmen beachten (stabiler Stand der Schleifmaschine, gute Beleuchtung, Schutzbrille etc.).
Schleifscheiben muss man ebenso wie Schleifsteine regelmäßig überprüfen und dann ggf. abrichten. Oder man richtet sie regelmäßig ab, weil man sie dadurch auch ein wenig konditioniert.
Für eine Überprüfung kann man ein Stück Flacheisen nehmen und dessen Kante auf einem planen Schleifstein abrichten. Dann auf der Handauflage auflegen und leicht gegen die Schleifscheibe drücken, nicht seitlich verschieben!
Man kann die planierte Kante des Flacheisens auch mit Filzschreiber anmalen und dann an die Scheibe halten, das spart Materialabtrag. Das Schliffbild gibt leicht Auskunft über die Schleifscheibe.
Wenn man an den eigenen Fähigkeiten zweifelt und das Schleifen der Bohrer nicht funktionieren will, sollte man die Scheibe überprüfen; das geht schnell.
In diesem Text bin ich immer von einer horizontalen Zuführung des Bohrers an die Schleifscheibe ausgegangen. Bei meiner Schleifmaschine mit 150 mm Durchmesser der Schleifscheiben und bei einem gewünschten Freiwinkel von 10° muss die Bohrerschneide in 13 mm Höhe über der Motorachse an der Schleifscheibe auftreffen3 .
Bei einem Bohrer von 10 mm Durchmesser liegt die Bohrerschneide 5 mm über dem Bohrer-Umfang, daraus ergibt sich ein „Freiraum“ von nur 8 mm unter dem Bohrer, deutlich weniger als mein linker Zeigefinger dick ist. Da die Handauflage bei meiner aktuellen Schleifmaschine genau auf Höhe der Motorachse liegt, passt mein Zeigefingers nicht mehr unter den Bohrer. Deshalb war mein 10 mm-Bohrer zu bissig geworden, er hat heftig gerattert, der Freiwinkel war zu groß geraten.
Es gibt hier zwei Lösungen:
Da meine Handauflage bisher nicht ausreichend verstellbar war, musste ich die Lösung Nummer 2. anwenden, bis ich eine brauchbare Handauflage besitze4 .
Dafür habe ich eine technische Lösung mit einer Freiwinkel- Lehre gefunden: mit dieser Lehre kann man die horizontale Position und den Winkel ermitteln; der Umgang mit der Lehre ist aber nicht praktikabel; deshalb habe ich den entsprechenden Text- Teil ans Ende in den Abschnitt 3.9 auf Seite § ausgegliedert.
Preiswerte Schleiflehren für 59° Schleifwinkel bzw. 118° Spitzenwinkel sind für ca. 3 € erhältlich; sie haben häufig einen Fehler: das Eck zwischen der langen Geraden und der kurzen schrägen Seite ist nicht exakt geschnitten, es muss die lange gerade Seite ganz oben im Eck sehr vorsichtig etwas ausgeschliffen werden, sodass das äußere Eck der Schneiden unbehindert an der Geraden anliegen kann. Beim Bearbeiten der Schleiflehre zwischendurch mit einem korrekt geschliffenen Bohrer kontrollieren!
Benutzung der Schleiflehre:
Es ist wichtig, dass man die Ergebnisse der visuellen Prüfung der Bohrerspitze und die Beurteilung mithilfe der Schleiflehre zusammenführt. Mit der Schleiflehre kann man nicht oder schlecht, visuell aber sehr gut überprüfen:
Übliche Standard-Spiralbohrer haben einen durchgehenden Freiwinkel von ca. 10°. Je nach Durchmesser des Bohrers7 und zu bohrendem Material verwendet man andere Freiwinkel (und evtl. auch andere Spitzenwinkel). Beim Schliff mit unterschiedlichen Freiwinkeln (z. B. sog. Vierphasen-Schliff) ist der erste Freiwinkel meist ca. 4°, der dahinter liegende Freiwinkel deutlich größer. Ich beziehe mich hier nur auf den durchgehenden 10°-Freiwinkel. Hinsichtlich anderer Bohrer-Geometrien siehe Informationsmaterial in Abschnitt 3.10 auf Seite §.
Da dies schwierig bzw. unzuverlässig ist, muss man sich also, vor allem bei kleinen Bohrern, darauf verlassen, dass mit korrekter Bohrer-Zuführung auch der richtige Freiwinkel erreicht wird. In jedem Fall aber muss man erkennen, dass die Linie (weg von der Bohrer-Spitze) abfällt, nicht horizontal (senkrecht zur Bohrer- Längsachse) verläuft oder gar ansteigt. Insbesondere ist es wichtig, dass man am Steg eine nach hinten abfallende Linie sieht. Fehlt diese, kann der Bohrer mangels Freiwinkel nicht schneiden.
In der täglichen Praxis wird man den Freiwinkel visuell beurteilen (Winkel am Steg des Bohrers, Querschneidenwinkel) und zumindest im Zweifelsfall durch eine Probebohrung, vgl. Abschnitt 3.6.5 auf Seite §. Wenn der Bohrer nicht ausreichend schneidet, ist vielleicht der Freiwinkel zu gering; schneidet er sehr gut und produziert ein hartes, ratterndes Bohrgeräusch, ist der Freinkel zu groß.
Entscheidend ist der Freiwinkel direkt hinter der Schneide; im weiteren Verlauf hinter der Schneide darf die Linie des Hinterschliffs stärker abfallen9 , aber sie darf nicht wieder nicht wieder ansteigen.
Man kann einen zu großen Freiwinkel dadurch korrigieren, dass man vorne an der Schneide mit einem kleineren Freiwinkel nachschleift und diesen Schliff nur wenig weit nach hinten durchführt. Umgekehrt geht das aber nicht; wenn der Grundschliff einen zu kleinen Freiwinkel hat, muss man den Bohrer erst mit dem größeren Freiwinkel komplett schleifen!
Auch bei korrekter Einstellung des Freiwinkels wird der gewünschte Freiwinkel und sein korrekter Verlauf erst dann erreicht, wenn man „hinten“ auch ausreichend schleift!
Ein zu kleiner Freiwinkel reduziert die Schneidfähigkeit des Bohrers, ein zu großer Freiwinkel macht den Bohrer aggressiver, aber auch die Schneidkante weniger stabil. Ein zu großer Freiwinkel führt leicht zu einem ratternden Bohr-Vorgang.
Man sollte Variationen des Freiwinkels erst versuchen, wenn man genügend Erfahrung mit dem üblichen Freiwinkel hat.
Die Tabelle 3.2 auf Seite § zeigt die Höhe über der Motorachse bei verschiedenen Schleifscheiben-Größen und verschiedenen Freiwinkeln; für nicht aufgeführte Schleifscheiben-Radien müssen Sie den jeweiligen zu einem Freiwinkel gehörigen Sinus-Wert mit dem Radius mulitiplizieren.
Freiwinkel | Radius 60 | Radius 75 | Radius 87,5 | Radius 100 | |
Grad | Höhe | Höhe | Höhe | Höhe | |
1 | 0,017 | 1,0 | 1,31 | 1,53 | 1,75 |
2 | 0,035 | 2,1 | 2,62 | 3,05 | 3,49 |
3 | 0,052 | 3,1 | 3,93 | 4,58 | 5,23 |
4 | 0,070 | 4,2 | 5,23 | 6,10 | 6,98 |
5 | 0,087 | 5,2 | 6,54 | 7,63 | 8,72 |
6 | 0,105 | 6,3 | 7,84 | 9,15 | 10,45 |
7 | 0,122 | 7,3 | 9,14 | 10,66 | 12,19 |
8 | 0,139 | 8,4 | 10,44 | 12,18 | 13,92 |
9 | 0,156 | 9,4 | 11,73 | 13,69 | 15,64 |
10 | 0,174 | 10,4 | 13,02 | 15,19 | 17,36 |
11 | 0,191 | 11,4 | 14,31 | 16,70 | 19,08 |
12 | 0,208 | 12,5 | 15,59 | 18,19 | 20,79 |
13 | 0,225 | 13,5 | 16,87 | 19,68 | 22,50 |
14 | 0,242 | 14,5 | 18,14 | 21,17 | 24,19 |
Ich behandle hier nur Standard-Bohrer: Spitzenwinkel 118°, durchgehender Freiwinkel von ca. 10°, keine zusätzlichen Schliffvarianten wie z. B. „Ausspitzen“ der Querschneide oder zweite Freiwinkel-Facette. Hinsichtlich anderer Bohrer-Geometrien siehe Informationsmaterial in Abschnitt 3.10 auf Seite §. Es führen anscheinend auch andere Schleiftechniken zum Erfolg. Ich schleife aber so, wie mein lokaler Fachmann es macht und wie die für mich zuverlässigsten Video-Anleitungen es zeigen; vgl. Abschnitt 3.10 auf Seite §. Man kann auch an anderen Schleifmaschinen schleifen10 , ich verwende aber einen Doppelschleifbock.
Wenn man einen Bohrer schon vielfach nachgeschliffen hat, muss man beachten, dass der Steg immer dicker wird, je näher man zum Ende des Bohrers kommt. Man wird ihn dann „ausspitzen“ müssen.
Ich habe meine Bohrer vorläufig mit Absicht nicht ausgespitzt11 . Dass sie im Originalzustand nicht ausgespitzt sind, hat vielfache Gründe. Sehr dicke Bohrer muss man aber ausspitzen, weil sie sonst zu schnell sehr heiß werden (ca. 70 % der Kraft werden von der nicht schneidenden Querschneide verbraucht). Wenn ich „frei Hand“ in Metall bohren muss, werde ich einen dickeren Bohrer aber wohl doch ausspitzen. Oder ich mache eine Vorbohrung12 .
Solange man kein sehr geübter Schleifer ist, oder wenn man Probleme mit einem Bohrer hat, sollte man den Trainingsmodus einschalten, siehe Abschnitt 3.8 auf Seite §.
Die Querschneide beginnt an der inneren Seite einer Schneide und zieht schräg zum Beginn der anderen Schneide, das ergibt einen Winkel von ca. 55° zur anderen Schneide hin geneigt. Diesen Winkel beurteilt man am Besten, indem man den Bohrer genau von oben aus ansieht und die Schneiden so dreht, dass sie auf zwei Parallelen liegen. Eine schöne Querschneide erreicht man nur, wenn die Schneide beim Schleifen genau parallel zur Motorachse liegt und wenn man den Bohrer während des Schleifens nicht dreht! Wenn die Querschneide zu wenig zur anderen Schneide hin geneigt ist, war die Schneide beim Schleifen nicht parallel zur Motorachse, war der Bohrer in seiner Längsachse nach links gedreht, er muss also für den nächsten Schliff ein wenig nach rechts, in Richtung der Bohrer-Arbeitsrichtung gedreht werden. Unzureichende Parallelität der Schneide zur Motorachse führt zu einer breitbasigen und ungeraden Querschneide.
Bei größeren Bohrern kann man die notwendige exakt mittige Lage der Querschneide mit der Schleiflehre bestimmen: Schneide anlegen, auf der Skala am schrägen Schenkel der Lehre ablesen, wie weit sie von der Außenseite der Schneide entfernt ist, Vorgang an der anderen Schneide wiederholen; solange das Schliffbild noch nicht korrekt ist, reicht aber meist die optische Kontrolle
Achtung: die Querschneide kann in der Mitte liegen, obwohl die beiden Schneiden nicht den gleichen Schleifwinkel haben!
Wenn der Bohrer die visuelle Kontrolle der Geometrie und die Kontrolle mit der Bohrer-Schleiflehre bestanden hat, dann folgt eine Probebohrung in Eisen oder Aluminium17 . Diese Probebohrung sollte man, wenn verfügbar, an einem Bohrständer vornehmen, da der Bohrer beim Freihand-Bohren nur schwerlich in beiden Achsen senkrecht auftrifft, dann beim Anbohren zur Seite wegläuft und das Loch schräg zur Oberfläche zu schneiden beginnt.
Mögliche Fehler sind in der Klammer angegeben.
Man kann die gefundenen Fehler vorsichtig zu korrigieren versuchen, auch an einzelnen Schneiden, die z. B. fraglich oder gering kürzer sind als die andere oder die einen minimal abweichenden Schleifwinkel zeigen. Wenn aber mehrere Fehler gleichzeitig auftreten, sollte man den Bohrer nicht korrigieren, sondern beide Schneiden neu anschleifen.
Nach längerem Üben und wiederholter Überarbeitung meiner Anleitung versuche ich jetzt, meine eigenen Fehler zu analysieren und daraus Verbesserungen abzuleiten. Solche Verbesserungen führen wohl zu mehr Aufmerksamkeit für schwierige Vorgänge und evtl. zu technischen Veränderungen.
Die folgende numerierte Aufzählung bewertet die beim Schleifen erforderlichen Vorgänge und die aufgetretenen Fehler und versucht, daraus Konsequenzen abzuleiten:
Am Beginn stehen die einfachen Dinge und die mit den geringsten negativen Einflüssen:
Hier liegen zwei Probleme: a) die korrekte Zuführung des Bohrers mit exakter Parallelität der Schneide zur Motorachse ist schwierig, weil schwer zu erkennen und b) kann man die Lage der Querschneide und damit die Gleichheit oder Ungleichheit der Länge der beiden Schneiden nicht leicht und zuverlässig messen.
Nachdem ich jetzt immer mit der Lupenbrille arbeite, gelingt mir die korrekte parallele Schneiden-Positionierung jetzt zuverlässiger aber noch nicht befriedigend. Die meisten schlecht schneidenden Bohrer waren Ergebnis einer falschen Parallel-Positionierung der Bohrerschneide.
Der unterste Eintrag in dieser obigen Liste ist mein Hauptfeind, er muss zuerst angegriffen werden! Ich bin noch unentschlossen, ob ich mir einen Laser-Strich zur Erleichterung der parallelen Schneiden-Position bastele oder ob ich einfach weiter übe.
Und jetzt wieder auf den Boden, Perfektionist, lasse die Kirche im Dorf : jedenfalls haben meine Bohrer früher, wenn ich sie zu schleifen versucht habe, nach dem Schliff genau so wenig geschnitten und jetzt schneiden sie fast immer, wenn auch gelegentlich mit unrunden Löchern oder mit etwas rattertendem Geräusch. Der Weg vom Bohren zum schöner Bohren ist sicherlich steinig.
Denke ich an meine Hauptarbeit: Löcher in Holz zu bohren, dann könnte ich schon zufrieden sein. Ein einigermaßen richtig geschliffener Bohrer macht in Holz in jedem Fall recht schnell tiefe Löcher. Aber in Metall, wenn man in das Loch dann auch noch ein Gewinde schneiden will, dann sollte das Loch schon recht sauber sein!
Übrigens: man kann nicht ein gewünschtes 8 mm-Loch mit einem 7,5 mm-Bohrer vorbohren, der ein sog. Langloch hinterlässt und dieses dann mit einem 8 mm-Bohrer aufweiten!
Man kann den Schleifvorgang überprüfen, indem man die Spitze des Bohrers mit einem wasserfesten Filzstift anmalt; dann kann man genau sehen, wo Material bei einer bestimmten Schleifbewegung bzw. Haltung des Bohrers abgetragen wird.
Diesen Vorgang sollte man immer dann anwenden, wenn man sich trainieren möchte, v.a. aber dann, wenn man nicht genau weiß, wie man den aktuellen Bohrer korrigieren muss. Ich bin immer wieder überrascht, was ich dabei herausfinde.
Dieser Abschnitt ist noch eine Baustelle!
Man kann sich für einen bestimmten Freiwinkel und einen bestimmten Scheiben-Durchmesser eine Lehre herstellen; man braucht nur ein Stück Metall, z. B. Aluminium auf die Handauflage zu stellen und die Vorderkante solange zu schleifen, bis sie sich der Schleifscheibe ganz angepasst hat, siehe Abb. 3.9 auf Seite §.
Mit dieser Lehre kann man die erforderliche Höher über der Motorachse erkennen, wenn man sie auf die Handauflage stellt, die sich auf Höhe der Motorachse befindet.
Oder, wenn man die Handauflage der Schleifmaschine nicht verstellen kann und deshalb der Zeigefinger nicht mehr unter einen dicken Bohrer passt, kann man die Höhe und den Bohrer-Zuführungswinkel erkennen:
Man legt den Bohrer auf den linken Zeigefinger, die Oberkante der Lehre ist auf Höhe der Bohrer- Achse20 , die Lehre wird an der Schleifscheibe angelegt, der Bohrer wird so gekippt, dass er mit der Oberkante der Lehre parallel ist.
Dieses Verfahren ist nicht praktikabel, hier nur Vollständigkeit gezeigt! Man sollte unbedingt eine in der Höhe verstellbare Handauflage besitzen. Dann kann der Bohrer auf der errechneten Höhe über der Motorachse horizontal zugeführt werden, die Handauflage weicht dem dicken Bohrer nach unten aus.
Wichtig, bitte beachten: In diesen Abbildungen 3.10 bis 3.12 auf den Seiten §–§ ist nur die untere Hälfte des Bohrers gezeigt, vom unteren Umfang des Bohrers bis hoch zur Schneide!
Marc L’Ecuyer (That Lazy Machinist)
Home: http://www.thatlazymachinist.com/home-accueil.html
Dort: Video-Übersicht: My shop videos, dort:
002 How Drill Bits Work
003 Manual Drill Bit Sharpening
mrpete222 auf Tubalcaine-machine-shop:
Demonstration an sehr großen Bohrern sehr lehrreich!
THE USE & CARE OF DRILL BITS part 1 of 3 tubalcain
THE USE & CARE OF DRILL BITS part 2 of 3 tubalcain
THE USE & CARE OF DRILL BITS part 3 of 3 Sharpening tubalcain
Diese Videos sucht man am Besten auf der Youtube-Hauptseite über die Suchbegriffe: tubalcaine drill bits
Quellen für die Beschreibung diverser BohrerËigenschaften, ohne Anleitungen für das Schleifen:
HSS-Forum, deutsch
Viele gute Skizzen, detaillierte Beschreibung, kein Text:
http://www.hssforum.com/2-BOHREN.pdf
Neme-s.org, 2005 May Meeting, englisch
Sehr umfangreiche Präsentation, sehr gute Skizzen, kein Text:
http://neme-s.org/2005 May Meeting/drills.pdf
evtl. verschluckt sich der Internet-Browser an den Leerzeichen; dann bitte diesen Link in das Suchfenster eintragen
kripahle-online.de, deutsch
Umfangreiche Präsentation, sehr gute Skizzen, guter Text:
http://www.kripahle-online.de/unterricht/wp-content/uploads/2011/02/Bohren.pdf
ptg-gmbh.de: Spitzenanschliffe für Spiralbohrer, deutsch
Sehr gute Datentabellen, Skizzen und Erläuterungen:
http://www.ptg-gmbh.de/download/PTG_RICHTWERTE.pdf
regalcuttingtools.com: sehr gute Datentabellen, englisch
http://www.regalcuttingtools.com/service-support/specs-and-engineering-data
Auf dieser Seite findet man unter Drills:
Umrechnungstabelle amerikanisch – metrisch: Decimal Equivalents.pdf
MMS-Online: Geometrie der Bohrerspitze, Text und Bilder, englisch
Interessanter Text, gute Hinweise, kleine Bildchen
http://www.mmsonline.com/articles/choose-the-best-drill-point-geometry